Resveratrol – ein Name, der in der Welt der Longevity-Forschung seit über zwei Jahrzehnten für Aufsehen sorgt. Der pflanzliche Wirkstoff, der vor allem in der Schale roter Trauben vorkommt, wurde einst als „Wundermolekül“ gefeiert.
Doch was steckt wirklich hinter dem Hype? In diesem Artikel werfen wir einen evidenzbasierten Blick auf die Wirkung, Risiken und wissenschaftliche Studienlage rund um Resveratrol – speziell für Menschen ab 40, die gesund und vital älter werden möchten.
Inhaltsübersicht
Was ist Resveratrol?
Resveratrol ist ein Polyphenol aus der Stilben-Familie, das natürlicherweise in Traubenschalen, Erdnüssen, Beeren und dem japanischen Staudenknöterich vorkommt. In Nahrungsergänzungsmitteln wird fast ausschließlich trans-Resveratrol verwendet – die stabilere und besser erforschte Form.
Die Konzentration in Rotwein ist übrigens sehr gering: Ein Glas (150 ml) enthält meist weniger als 0,5 mg Resveratrol. Die in Studien verwendeten Dosen liegen jedoch deutlich höher – zwischen 150 mg und mehreren Gramm pro Tag. Wer also auf Rotwein als Quelle setzt, wird enttäuscht.
Die vermutete Wirkungsweise
Potentes Antioxidans
‚Resveratrol ist vor allem für seine starke antioxidative Wirkung bekannt. Es neutralisiert freie Radikale, die Zellen schädigen und zu vorzeitiger Alterung und verschiedenen Krankheiten beitragen können. Es schützt die Zellen vor oxidativem Stress und kann Entzündungen im Körper reduzieren.
Entzündungshemmende Eigenschaften
Chronische Entzündungen sind eine der Hauptursachen für viele moderne Krankheiten. Resveratrol kann die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen (Zytokinen) hemmen. Es kann also helfen, entzündliche Prozesse im Körper zu lindern, was bei Erkrankungen wie Arthritis oder metabolischem Syndrom vorteilhaft sein könnte.
Die meisten positiven Ergebnisse stammen aus Tierstudien oder Zellkulturen – die Übertragbarkeit auf den Menschen ist noch nicht abschließend belegt
Resveratrol und Longevity
Ursprünglich wurde Resveratrol als Aktivator des Enzyms SIRT1 gefeiert – ein Protein, das mit Kalorienrestriktion und Lebensverlängerung in Verbindung gebracht wird. Die Idee: Resveratrol könnte die positiven Effekte einer Diät ohne Hunger imitieren.
Doch spätere Studien zeigten: Die Aktivierung von SIRT1 war ein Laborartefakt, abhängig von einem künstlichen Testsubstrat. In echten biologischen Systemen ließ sich dieser Effekt nicht zuverlässig reproduzieren.
Heute geht man davon aus, dass Resveratrol eher indirekt wirkt – über die Hemmung von Phosphodiesterasen (v. a. PDE4), was zu einem Anstieg von cAMP, Aktivierung von AMPK, Erhöhung von NAD+ und damit einer modulierenden Wirkung auf SIRT1 führt. PDE4 steht für Phosphodiesterase 4 und ist ein Enzym, das in Zellen den Botenstoff cAMP abbaut, der für Signalwege zur Entzündungshemmung, Gedächtnisbildung und Stoffwechselregulation wichtig ist.
Kurz gesagt: Resveratrol ist kein „SIRT1-Booster“, sondern ein Modulator metabolischer Prozesse, besonders unter Stressbedingungen wie Übergewicht oder Entzündungen.
Was zeigen die Studien?
Tierstudien
- Hefe (2003): Lebensverlängerung durch SIRT1-Aktivierung – später widerlegt.
- Kurzlebiger Fisch (2006): Verlängerte Lebensspanne und verzögerte Alterserscheinungen.
- Mäuse auf fettreicher Diät (2006): Verbesserte Gesundheit und Überleben unter metabolischem Stress.
- Mäuse auf Standarddiät (2010–2013): Keine Lebensverlängerung – im Gegensatz zu Rapamycin.
Humanstudien
- Adipöse Männer (2011): Verbesserte Insulinsensitivität, Leberfett und Blutdruck bei 150 mg/Tag.
- Andere Studien: Keine konsistenten Effekte bei gesunden Personen.
- Meta-Analysen bei Typ-2-Diabetes: Kleine bis moderate Verbesserungen bei Glukose und Insulin.
Fazit: Es gibt keine Humanstudie, die eine Lebensverlängerung durch Resveratrol belegt. Positive Effekte zeigen sich vor allem bei metabolisch belasteten Personen, nicht bei gesunden Menschen.
Risiken und Nebenwirkungen
Resveratrol gilt in moderaten Dosen (bis 150 mg/Tag) als sicher. Höhere Dosen (>1 g/Tag) können jedoch zu:
- Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Durchfall, Blähungen)
- Kopfschmerzen und Müdigkeit
- Wechselwirkungen mit Medikamenten führen – insbesondere durch Hemmung von CYP-Enzymen und antiplättchenwirksame Effekte
Wichtig: Personen, die Blutverdünner oder andere Medikamente einnehmen, sollten Resveratrol nur nach Rücksprache mit Arzt oder Apotheker verwenden.
EU-Zulassung und Dosierung
In der EU ist trans-Resveratrol bis 150 mg/Tag als Nahrungsergänzungsmittel für Erwachsene zugelassen. Höhere Dosen gelten offiziell nicht als sicher.
Mythen und Fakten
| Aussage | Bewertung |
|---|---|
| „Ein Glas Rotwein liefert genug Resveratrol“ | ❌ Falsch – viel zu geringe Mengen |
| „Resveratrol verlängert das Leben“ | ❌ Nicht belegt – nur unter Extrembedingungen bei Tieren |
| „Resveratrol aktiviert SIRT1 direkt“ | ❌ Kontextabhängig – meist indirekt über andere Signalwege |
Für wen ist Resveratrol interessant?
Resveratrol kann eine ergänzende Option sein für Menschen mit:
- Metabolischem Stress (z. B. Übergewicht, Insulinresistenz)
- Typ-2-Diabetes
- Entzündungsneigung
Für gesunde Menschen ohne Vorerkrankungen ist der Longevity Nutzen nicht belegt. Wer Resveratrol einnehmen möchte, sollte dies innerhalb der EU-Grenzen tun und medizinisch abklären, insbesondere bei Medikamenteneinnahme.
Die Geschichte des Wirkstoffs – vom Hoffnungsträger zum Prüfstein der Longevity-Forschung
Die Geschichte von Resveratrol beginnt nicht etwa in einem modernen Labor, sondern bereits 1939, als der japanische Wissenschaftler Michio Takaoka den Wirkstoff erstmals aus der Heilpflanze Veratrum grandiflorum isolierte. Erst Jahrzehnte später, in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren, rückte Resveratrol ins Rampenlicht der Longevity-Forschung – und das vor allem durch einen Namen: David Sinclair.
Der Harvard-Genetiker David Sinclair veröffentlichte im Jahr 2003 eine vielbeachtete Studie, in der Resveratrol das Enzym SIRT1 aktivierte und die Lebensspanne von Hefezellen verlängerte. Diese Entdeckung löste einen regelrechten Hype aus. Sinclair wurde zum Gesicht der Anti-Aging-Bewegung, seine Forschung inspirierte die Gründung des Biotech-Unternehmens Sirtris Pharmaceuticals, das 2008 für 720 Millionen US-Dollar von GlaxoSmithKline gekauft wurde.
Doch die Euphorie war nicht von Dauer. Die späteren Studien zeigten, dass Resveratrol nur unter extremen Bedingungen – etwa bei Mäusen mit einer krankhaft fettreichen Diät – positive Effekte auf die Lebensspanne hatte. Bei gesunden Tieren blieb der Effekt aus. Die Entwicklung des Resveratrol-Derivats SRT501 wurde 2010 eingestellt, Sirtris 2013 geschlossen. Der Fall gilt heute als Lehrstück für wissenschaftlichen Hype und überzogene Erwartungen.
David Sinclair und Resveratrol – damals Verfechter, heute differenziert
David Sinclair war lange Zeit einer der prominentesten Befürworter von Resveratrol. In seinem Bestseller „Lifespan – Why We Age and Why We Don’t Have To“ beschreibt er den Wirkstoff als Teil seiner persönlichen Supplement-Routine. Noch heute nimmt er laut eigenen Angaben etwa 1.000 mg täglich, meist zusammen mit NMN und etwas Fett (z. B. Joghurt), um die Aufnahme zu verbessern.
Allerdings hat sich Sinclairs Haltung differenziert. Während er Resveratrol weiterhin verwendet, betont er inzwischen, dass die Wirkung stark kontextabhängig ist und dass Humanstudien keine eindeutige Lebensverlängerung zeigen. Er verweist auf die Notwendigkeit weiterer Forschung und warnt davor, Resveratrol als „Wundermittel“ zu betrachten.
In der wissenschaftlichen Community ist Resveratrol heute umstritten. In einer Diskussionsrunde mit Longevity-Experten wie Peter Attia, Matt Kaeberlein und Richard Miller wurde der Wirkstoff sogar als „wissenschaftlich erledigt“ bezeichnet. Die Experten waren sich einig: Für gesunde Menschen gibt es keine belastbaren Daten, die eine Supplementierung rechtfertigen.
Produkte
Wer sich für dennoch Resveratrol interessiert, findet hochwertige Produkte z. B. bei Amazon – hier Links zu einigen geprüften Supplements:
- [Hersteller Green Naturals] – Trans Resveratrol 500mg aus Hefe – 60 Kapseln*
- [Hersteller Raibu] – Resveratrol hochdosiert – 525 mg je Kapsel – 60 Kapseln*
Fazit: Resveratrol – kein Wundermittel, aber ein spannender Kandidat
Resveratrol ist kein Lebensverlängerer für gesunde Menschen, aber es entfaltet sein vielversprechendes Potenzial insbesondere als Stoffwechselmodulator, der die Gesundheit unter bestimmten Bedingungen positiv unterstützen kann.
Seine gut belegten antioxidativen und entzündungshemmenden Wirkungen, die bereits in Tierstudien eindrücklich gezeigt wurden, machen es zu einem faszinierenden Forschungsgegenstand. Die Wissenschaft ist hier intensiv damit beschäftigt, die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten weiter zu entschlüsseln. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht…
Nicht vergessen: Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Nahrungsergänzungsmittel sind kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil 🙂
Quellen & weiterführende Literatur
- Nordic Oil – Resveratrol Studienübersicht
- PubMed: Baur et al., Nature 2006
- EFSA Gutachten zu Resveratrol
- Park et al., Cell 2012 – Wirkmechanismus
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